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10. Juli 1999

Blindenhunde

Xeryus, der Mischling

Bildbeschreibung: Führhund Xeryus im Führgeschirr

Nur wenige Blinde und Sehbehinderte sind an einem Blindenhund interessiert. Und die Frage nach der Notwendigkeit eines solchen Tieres wird gerade unter den Betroffenen kontrovers diskutiert. Die stark sehbehinderte Christiane Welter bricht aber eine Lanze für ihren Xeryus und seine Artgenossen.

EIN BERICHT VON CLAUDE FRANCOIS MIT FOTOS VON TOM WAGNER

Bildbeschreibung: Christiane und ihr Führhund Xeryus beim Überqueren eines Zebrastreifens

Seit zwei Jahren begleitet der Labrador/Golden Retriever-Mischling Xeryus die stark sehbehinderte Christiane Welter auf ihren Spaziergängen durch Niederanven

"Wir beide sind ein Team", strahlt Christiane Welter, "ich würde Xeryus nicht mehr hergeben". Seit zwei Jahren begleitet der Labrador/Golden Retriever-Mischling die stark sehbehinderte Frau auf ihren Spaziergängen. Xeryus ist ein Blindenhund aus einer französischen Hundeschule, der zwei Jahre lang ausgebildet wurde und in seinem ersten Lebensjahr bereits bei den Welters in Niederanven zu Hause war.

Bevor angehende Blindenhunde in der Schule trainieren, verbringen sie ein Jahr in einer "famille d?accueil". Es ist allerdings nicht üblich, daß die Gastfamilien den Hund später wiedersehen. Christiane Welter: "Ursprünglich nahmen wir Xeryus nur für ein Jahr unter 'tutelle', so wie es auch andere Familien tun. Daß er nach seinem Trainingsjahr in der Hundeschule zu mir als ausgebildeter Blindenhund zurückkommen konnte, war ein Glücksfall. Es hatte aber auch damit zu tun, daß ich das Erziehungsjahr von Xeryus sehr ernst genommen hatte: der Hund hörte sehr schnell auf mein Kommando".

Bildbeschreibung: Christiane und Führhund Xeryus in einem Laden

Psychologe eingeschaltet

Der Aufenthalt bei der Gastfamilie ist vor allem ein Eignungstest, denn nicht jeder Labrador-Retriever ist automatisch ein Blindenhund. "Von zwölf Hunden sind nur drei oder vier auch wirklich geeignet", berichtet Christiane Welter, die Xeryus mit neun Wochen aufnahm. Vorher hatten die Verantwortlichen der Hundeschule aus Coubert (Ile-de-France), wo Xeryus herstammt, Christiane Welter und ihre Familie genau unter die Lupe genommen. "Die schauten, ob wir tierlieb sind, sie beobachten uns im Alltag, inspizierten unser Haus und achteten auf die Umgebung", erinnert sich die zweifache Mutter. Die Franzosen aus dem Loire-Tal nahmen diese Prüfungen sehr ernst und schalteten sogar einen Psychologen ein.

Als die Welters den Test bestanden und die Wahl auf Xeryus fiel, "änderte sich einiges in meinem Leben", berichtet die Diplom-Krankenpflegerin, die vorher nie einen Hund gehalten hatte. "Es war zu Beginn zwar nicht leicht, aber wir gewöhnten uns schnell an ihn... und Xeryus gewöhnte sich an uns". Zum Trainingsprogramm, das von einem Erzieher aus der Hundeschule koordiniert und überwacht wird, gehört das Lernen von wenigstens 15 Kommandos. "Das kostet viel Zeit, viel Geduld und viele Nerven, und man darf nie aufgeben. Aber es hat sich gelohnt", freut sich Christiane Welter, "was Xeryus gelernt hat, hilft mir heute im Alltag".

So lernen Blindenhunde zum Beispiel, beim Verlassen von Bürgersteigen und bei Verkehrsampeln stehenzubleiben, oder die Straße nur auf Fußgängerstreifen zu überqueren. Xeryus führt sein Frauchen automatisch an Pfützen und Hindernissen vorbei und sucht im Autobus zielgenau einen freien Platz: "Den Weg in den Supermarkt oder in die Apotheke kennt er auswendig, und auch in der Hauptstadt meistert er viele Strecken fast wie von selbst". Christiane Welter teilt Xeryus beim Verlassen des Hauses mit, wohin der Spaziergang führt, und der Rüde schlägt dann die korrekte Richtung ein. Ein Blindenhund funktioniert allerdings nicht wie ein programmgesteuerter Roboter: unterwegs erteilt Frauchen Xeryus noch einige Kommandos.

Bildbeschreibung: Christiane und Führhund Xeryus zu Besuch

Nicht jeder Labrador-Retriever ist automatisch ein Blindenhund: "Von zwölf Hunden sind nur drei oder vier auch wirklich geeignet", berichtet Christiane Welter

Sehleistung unter zehn Prozent

Christiane Welter gehört zu jenen Menschen, die zwar nicht hundertprozentig blind sind, deren Sehleistung aber äußerst eingeschränkt ist. Bereits als Kind war sie extrem kurzsichtig, im Alter von sechs Jahren trug sie eine Brille mit einer Korrektur von 8, als 24jährige hatte sie Grünen Star und mußte notoperiert werden, und im Alter von 43 Jahren war ihre Netzhaut wegen Überdrucks derart überdehnt, daß ihre Sehleistung plötzlich von 75 auf 27 Prozent fiel.

Die 55jährige leidet an "dégénération rétinienne", einer vermutlich genetisch bedingten Krankheit, die sich meistens fortlaufend verschlimmert und gegen die es noch kein Medikament und keine Behandlung gibt. "Zwar wußte ich von der möglichen Entwicklung meiner Krankheit, aber wenn man plötzlich fast nichts mehr sieht, dann ist das schon hart", erinnert sich Christiane Welter, deren Sehleistung heute nur noch fünf Prozent auf dem rechten und acht Prozent auf dem linken Auge beträgt.

"Prozente sagen aber nicht wirklich etwas über die Behinderung aus", erklärt die zweifache Mutter, "denn jeder Sehbehinderte hat ein anderes Krankheitsprofil". Christiane Welter, die eine Korrekturbrille von 23 (!) trägt ("eine noch stärkere Brille brächte kein besseres Resultat"), erahnt nur noch Konturen, das Wenige, das sie sieht, erblickt sie "wie durch eine Röhre", und seitlich erfaßt sie gar nichts mehr.

Bildbeschreibung: Christiane und Führhund Xeryus umgehen ein Hindernis

Xeryus führt sein Frauchen an Pfützen und Hindernissen vorbei

Notwendigkeit oder Randerscheinung?

Trotzdem muß Christiane Welter für die Anerkennung ihres Handicaps kämpfen. "Einige Leute wollen nicht wahrhaben, daß Leute wie ich praktisch blind und auf Hilfe angewiesen sind". Auf Unverständnis trifft sie auch in den "eigenen Reihen": So unterstützte die Luxemburger Blindenvereinigung Christiane Welter nicht, als sie eine Hilfe für die Anschaffung eines Blindenhundes beantragte. "Man sagte mir, daß meine Behinderung eine solche Maßnahme nicht rechtfertige", ärgert sich Christiane Welter, "aber diese Einstellung kann ich nicht verstehen".

Roger Hoffmann, der Vorsitzende der Blindenvereinigung, vertritt die Auffassung, daß das Thema Blindenhund in der Öffentlichkeit "als Alibi benutzt wird, auf Blinde aufmerksam zu machen", wobei seiner Meinung nach aber übersehen werde, daß Blindenhunde "eine Randerscheinung sind". In Luxemburg besitzen drei Blinde und zwei Sehbehinderte einen solchen Hund, und Roger Hoffmann nimmt nicht an, daß in Zukunft wesentlich mehr Betroffene - in Luxemburg gibt es rund 600 Blinde und Sehbehinderte - sich einen Hund anschaffen werden: "Vor einiger Zeit riefen wir unsere Mitglieder dazu auf, sich zu melden, falls sie an einem Blindenhund und am Besuch einer Hundeschule interessiert sind. Aber niemand folgte diesem Aufruf", stellt Hoffmann fest. "Das ist kein luxemburgisches Phänomen, sondern ein allgemeines: In Deutschland, wo 200 Mal mehr Leute wohnen als in Luxemburg, gibt es gerade tausend Blindenhunde. Für die große Mehrheit der Betroffenen ist ein Blindenhund ganz einfach kein Thema".

Hoffmann gibt zu, auch persönlich gegen die Anschaffung eines Hundes zu sein: "Ich nähme einen Blindenhund nicht einmal als Geschenk an. Denn ich würde ihn nicht als Hilfe, sondern als Hindernis empfinden: meine Freiheit würde zu stark eingeschränkt werden". Der Präsident der Blindenvereinigung räumt aber ein, daß es Betroffene gibt, denen ein Blindenhund wirklich helfen kann: "Das hängt aber von den Leuten und von der Situation ab. Den drei Blinden, die sich einen Hund angeschafft haben, sind die Hunde ganz sicher eine echte Hilfe".

Bildbeschreibung: Führhund Xeryus fühlt sich zu Hause wohl

Die Luxemburger Blindenvereinigung unterstützte Christiane Welter nicht, als sie eine Hilfe für die Anschaffung eines Blindenhundes beantragte: "Diese Einstellung kann ich nicht verstehen", ärgert sich die Betroffene.

Aufregung umsonst?

Helfer oder Hindernis: Für Außenstehende mutet die Diskussion um die Notwendigkeit eines Blindenhundes etwas eigenartig an. Wenn das Thema eigentlich keines ist, warum dann überhaupt die Aufregung wegen der zwei Hunde, die den Sehbehinderten Christiane Welter und Roland Welter (die übrigens nicht miteinander verwandt sind) von Service-Clubs? im Falle von Christiane Welter übernahm der "Lion's Club" die Anschaffungskosten von rund 500 000 F - und privaten Sponsoren zur Verfügung gestellt wurden.

Blind oder stark sehbehindert: Kann es bei solch hochgradigen Handicaps überhaupt noch Maßstäbe für etwas weniger und etwas mehr Lebensqualität geben?

Mit dieser Frage wird sich auch die "Cellule d'Evaluation et d'Orientation" der Pflegeversicherung zu beschäftigen haben. Nun ist das Thema Blindenhund hier nicht gerade eine prioritäre Frage, aber im Prinzip spricht nichts dagegen, einen Blindenhund als "aide technique" anzusehen und dem Antrag eines Betroffenen Folge zu leisten. Wenn sich denn jemand meldet...

Christiane Welter ist jedenfalls fest entschlossen, andere Sehbehinderte anzuspornen, sich für einen Blindenhund zu interessieren: sie plant zusammen mit Robert Welter die Gründung eines Interessenvereines.

 

 

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